Meinung: Wie die AfD in der Tesla-Diskussion die Demokratie untergräbt


Warning: Attempt to read property "post_excerpt" on null in /var/www/web243/html/kv/wp-content/themes/sunflower/inc/template-tags.php on line 156
bty

Die Anfrage der AfD zur zukünftigen Stromversorgung der Teslafabrik in
Grünheide offenbart wieder einmal die Unkenntnis einfachster technischer
Grundbegriffe des Anfragestellers/der AfD. Es bleibt offen, ob der
Antragsteller Steffen Kubitzki selbst die Technik unserer
Stromversorgung nicht versteht oder lediglich mit ausgedachten
pseudo-technischen Wirrheiten Angst schüren möchte.

Politische Parteien sollen in der Demokratie an der Meinungs- und
Willensbildung der Bevölkerung mitwirken. Um die Alternativen
verständlich zu machen, ist es oft notwendig, dass sich Parteien von
Experten beraten lassen, um komplizierte Sachverhalte selbst zu
verstehen, daraus entstehende Entscheidungsmöglichkeiten abzuleiten und
beides der Bevölkerung zu vermitteln. Im konkreten Fall gelingt dies der
AfD überhaupt nicht – im Gegenteil: Sie arbeitet stattdessen an der
Desinformation und damit an der Verminderung der Entscheidungsfähigkeit
und Erhöhung der Angst der Menschen.

Würde Herr Kubitzki unser Stromnetz verstehen, hätte er seine ersten
beiden Fragen gar nicht stellen müssen. Er fragt, wie sichergestellt
wird, dass bei Tesla ausschließlich Ökostrom in den Kabeln fließt. Es
ist allgemein bekannt, dass die Ausbreitung von Strom in einem
gemeinsamen Netz, an das auch Tesla angeschlossen wird, nicht
kontrolliert werden kann. Die Frage hätte er sich bei einem
durchschnittlichen Wissen zu Stromnetzen also selbst bentworten können.
Bei allen Menschen, die die Energiewende fördern wollen und sich
deswegen für den Bezug von Ökostrom entscheiden, fließt auch Strom aus
Kohle- und Atomkraftwerken in ihrer heimischen Geräten. Trotzdem ist es
sinnvoll, sich für Ökostrom zu entscheiden, weil mit der Stromrechnung
dann Windkraft, Photovoltaik und Biomasse finanziert und ausgebaut
werden und das Geld nicht die Kohle- und Kernkraftunternehmen erhalten.
Wenn mit Tesla ein neues großes Unternehmen in unsere Region kommt, das
auf eine erneuerbare Stromversorgung setzt, wird das dem Ausbau der
Erneuerbaren folglich zusätzlich Schub verleihen und einen wichtigen
Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise leisten. Gleichzeitg ist die
Existenz von erneuerbaren Energien vor Ort heutzutage ein wichtiger
Faktor bei Investitionsentscheidungen von Unternehmen, wodurch auch die
Ansiedlung Teslas in Brandenburg erheblich begünstigt wurde. Ist dieses
Wissen an der AfD vorbei gegangen oder wird hier versucht, Bürger*innen
bewusst zu verunsichern?

Bei den Fragen 3 und 4 spielt Herr Kubitzki mit dem Vorbehalt einiger
Menschen gegen den Bau neuer Windräder und stellt es so dar, als ob zur
Deckung des Strombedarfs der Fabrik 170 neue Windräder gebaut werden
müssten. Wie sich diese Zahl ergibt, wird nicht erklärt. Ich kann nur
vermuten, dass es einen Zusammenhang mit der 100 MW Leistungsangabe des
geplanten Anschlusses der Tesla-Fabrik gibt. Herr Kubitzki bzw. die AfD
versteht auch an dieser Stelle offenbar die Technik nicht richtig oder
vermittelt falsche technische Zusammenhänge, um ein irreführendes Bild
zu erzeugen. Richtig ist die Aussage: die 100 MW aus den
Umweltverträglichkeitsprüfungsunterlagen von Tesla sind ein
Leistungswert, der nichts über den Verbrauch der Fabrik aussagt. Der
Unterschied zwischen Leistung und Verbrauch lässt sich allen Menschen
einfach erklären: Ein Auto, das 220 km/h Spitze fährt (Leistungswert)
und bei dieser Geschwindigkeit 50 Liter Benzin auf 100 km verbrennt,
verbraucht deshalb nicht auf das Jahr gerechnet 50 Liter x 24 Stunden x
360 Tage = 432.000 Liter Benzin. Weil Autos nur sehr selten 220 km/h
fahren, muss auch nicht für jedes neue Auto 432.000 Liter Benzin pro
Jahr produziert werden. Genauso wird die Teslafabrik ihre 100 MW
Leistung nicht rund um die Uhr und jeden Tag des Jahres abrufen. Die
Berechnung der zusätzlich benötigten Kraftswerkskapazität muss
stattdessen auf der Basis des zu erwartenden Verbrauchs erfolgen. Da
Tesla bislang keine Verbrauchsprognosen veröffentlicht hat, kann der
Bedarf nur abgeschätzt werden. Tesla wird auf das Dach der Fabrik in
Grünheide eine riesige Photovoltaikanlage bauen. Die jährliche
Produktion dieser Anlage wird den jährlichen Strombedarf der Fabrik
voraussichtlich deutlich übersteigen. Darüber hinaus ist davon
auszugehen, dass Tesla seine Fabrik mit einem großen Batteriespeicher
aus eigener Produktion ausstatten wird, weil sie dies auch an anderen
Standorten bereits getan haben und es für Tesla wirtschaftlich sinnvoll
ist. Das wird Tesla in die Lage versetzen ihren selbstproduzierten und
auch Strom aus anderen erneuerbaren Quellen zu speichern und damit für
eine höhere Netzstabilität und eine bessere Auslastung existierender
Windkraftanlagen zu sorgen. Eine direkte Zuordnung von einzelnen
Windrädern zur Fabrik ist auch hier wegen der Funktionsweise des
Stromverbundnetzes nicht möglich. Es ist davon auszugehen, dass das Netz
aktuell ausreichend Reserven hat, um die Fabrik zu starten. In der AfD
existiert offensichtlich kein Verständnis für den Unterschied von
Leistung und Verbrauch. Stattdessen herrscht der falsche Gedanke einer
1:1-Zuordnung von Stromerzeugung und Stromverbrauch vor. Mit diesem
Unwissen wird versucht die Bevölkerung zu verunsichern. Das ist ein
unnötiger und negativer – weil verwirrender – Beitrag, der Aufklärung und
politischen Meinungsbildung behindert.

In Frage 5 ist Herrn Kubitzki offensichtlich noch nicht mal bekannt,
dass es einen Unterschied zwischen den Unternehmen des Stromnetzbetriebs
und der Energieversorgung gibt. Ich finde das erschreckend bei einer
Person, die eine derartig prominente Rolle innhalb der AfD einnimmt und sich
im Landtag zu diesem Thema äußert.

Noch eine Sache am Rande: Der Landesregierung wird oft vorgeworfen, dass
Tesla eine Sonderrolle spielt und eine bevorzugte Behandlung erhält.
Nach meiner Beobachtung stimmt das nur insofern, als dass die
Bearbeitung des Falles Tesla aufgrund der Größe des Projektes eine
höhere Priorität genießt in dem es eigene Kapazitäten in der Verwaltung
hat. Es gelten aber die selben Regeln und Gesetze für Tesla. Wenn jetzt
die Stromversorgung von Tesla sogar auf Ebene des Landtags diskutiert
wird, ist das von Seiten der AfD eine Ungleichbehandlung des Projektes.
Bei anderen Unternehmen habe ich noch nicht erlebt, dass die AfD ein
derartiges Interesse an deren Energieversorgung hätte. Sollte die AfD
andere Regeln für Tesla fordern, würde das unseren rechtsstaatlichen und
demokratischen Grundsätzen widersprechen und wäre aufs Schärfste
abzulehnen.

Ralf Schmilewski

 

Artikel kommentieren

Ein Kommentar

  1. Vielen Dank lieber Ralf! Was ich mir nun wünsche, wenn wir schon über die Energieversorgung reden, ist, dass wir für den Landkreis ein Konzept zur Kreislaufwirtschaft auf den Weg bringen. Vielleicht kann auch Tesla dabei eine Rolle spielen…

Keine Kommentare möglich.